116578-01
Brüggemann, (Heinrich).
Theor(etisch)-prakt(ische) Spinn-Webe-Schule zu Mulhausen i(m) E(lsass). Spinnerei-Kursus. Deutsche Handschrift auf kariertem Schreibpapier von J(ohann)-B(aptiste) Strobel. 2 Bände.

Mülhausen/ Elsass, 1911-12. - (41 x 25,5 cm). 1 nn., 264 num Bll./ Bll. 265-532 (dazwischen und am Ende einige leere Blätter). Mit gezeichnetem Titel auf festem Papier mit figürlicher Bordüre unter Verwendung einer kleinen gedruckten Maschinendarstellung, zahlreichen Feder- bzw. Buntstiftzeichnungen, einigen montierten Zeitschriftenausschnitten, 3 großen montierten gedruckten Falttafeln und 3 montierten Blaupausen. Halblederbände der Zeit mit goldgeprägten Rückentiteln.

Umfangreiche, in sauberer Schrift mit klarer Gliederung und zahlreichen instruktiven Zeichnungen versehener Vorlesungsmitschrieb. Er stellt ein beeindruckendes Zeugnis der Elsässer Textilindustrie des frühen 20. Jahrhunderts dar. Die Aufzeichnungen stammen von der Hand des an der Mülhauser Spinn- und Webeschule diplomierten Johann-Baptiste Strobel, dessen Diplomurkunde Erster Klasse im Original beiliegt. - Die dokumentierte Vorlesung hat der bedeutende Textilforscher und Ingenieur für Textilmaschinen, Professor Heinrich Brüggemann (1868-1949) gehalten, der auch zahlreiche Werke von grundlegender Bedeutung über die Textiltechnik verfasst hat. Er war lange Zeit stellvertretender Direktor der Mülhauser Schule, bis er später an die TH München wechselte. - Im ersten Band werden die Techniken und die Maschinen der Spinnerei behandelt, die chemischen Verfahren, die maschinelle Verarbeitung des Abfalls, die Flachs- und Hanfspinnerei, die Nummerierung der Fadenstärken, die Garnwaage und Mischung farbiger Bänder, sowie die Gleichmäßigkeit der Verarbeitung, Festigkeit und Dehnung, Doppelungen und Wechsel, Zähler, Spuler, Excenter, Selbstspinner, Spindeln und einiges mehr. Am Ende noch einige Ausführungen zu den Fabrikbauten und ihren Kraftanlagen. Der zweite Band beginnt mit der Kämmerei und der Arbeitsweise der Heilmannschen Kämm-Maschine. Ein großes Kapitel beschreibt die Rohstoffe: die Baumwolle, als Pflanze, ihre Verarbeitung und ihren Handel; die Wolle und verschiedene Textilarten sowie geeignete Waschmittel; die Seide, hier u.a. über den Zwirn, das Entbasten sowie die Herkunftsorte in Asien und Europa; weiterhin über Flachs (Leinen), Hanf, Jute und Ramie. Anschließend die verarbeitenden Maschinen, die sogenannten Selbstspinner, zuerst eine neue Form derselben aus dem Jahr 1910 (mit einem großen gedruckten Konstruktionsschema auf einer Falttafel), dann den Dobson-Barlow-Selbstspinner (ebenfalls mit Falttafel) und den Streichgarnselbstspinner O. S. C. (Falttafel mit Modell O. Schimmel, Chemnitz). Am Ende die Weberei und die Webstühle, den Kraftwebstuhl, eine Kettelmaschine (mit einer ganzseitigen eingeklebten Blaupause), die Sitzingmaschine und die Lufttrockenschlichtmaschine (beide mit etwas kleinerer Blaupause). - Der Lehrstoff war sehr umfangreich und das daraus entstandene Kompendium dürfte das Fachwissen der Zeit wohl nahezu vollständig, sowie meist mit mathematischen Formeln erläutert, zusammenfassen. Strobel hat damit ein nahezu druckreifes Lehrbuch geschaffen, akribisch und anschaulich ausgearbeitet, mit sehr hübschem Titel. - Das Elsass war ein bedeutendes Gebiet der französischen bzw. deutschen Textilindustrie, mit einer bereits 1861 in Mühlhausen gegründeten Spinn- und Webschule. - Von minimalen Gebrauchspuren abgesehen, sehr gut erhalten


2.500 €