115333-01
Collegienheft der Gärtner-Lehranstalt Köstritz
(Deckeltitel). Deutsche Handschrift auf Velin. 2 Bände.

Bad Köstritz, 1902-04. - (20,5 x 16 cm) 353 nn. Bll./ 396 nn. Bll. Alle Blätter mit blindgeprägten, an den Ecken gerundeten Textrahmen. Mit kleinen schematischen Federzeichnungen, die sich nahezu alle im Text von Band I befinden. Halblederbände der Zeit mit Rückenvergoldung (Semesterangabe und Name des Studenten "R. Meier"), die Vorderdeckel mit dem goldgeprägten Titel in Papp-Schubern der Zeit.

In den beiden umfangreichen Bänden sind die kompletten Lehrinhalte der Vorlesungen an der Gärtner-Lehranstalt in Bad Köstritz in Thüringen aus dem Wintersemester 1902/03 und dem Sommersemester 1904 zusammengefasst. Auf fast 1500 flüssig geschriebenen, aber immer gut lesbaren Textseiten findet sich damit der Lehrstoff der damaligen Ausbildung zum "Gartenbauinspektor", ein Abschluss, der für leitende Funktionen im Gartenbau qualifizierte. Die auf diesem Gebiet zu den führenden Einrichtungen im Deutschen Reich zählende Köstritzer Lehranstalt ist als privates "Landwirtschaftliches Institut" im April 1886 von dem bekannten Landwirtschafts- und Gartenbaulehrer Professor Hans Settegast (1852-1936) gegründet worden. Die Akademie erlangte bald große Bedeutung für die Gartenbauausbildung in ganz Deutschland. Vor ihrer Erhebung zur "Höheren Gärtner-Lehranstalt" im Jahre 1910 umfasste die Ausbildung nur diese zwei hier dokumentierten Semester. Uns liegen in diesen beiden Bänden damit die gesamten Lehrinhalte der Gartenbauakademie vor. - Der erste Band handelt im ersten Abschnitt von Topfpflanzenkulturen, Düngemitteln, Luft- und Lichtverhältnissen, Kultivierung von Palmen, Orchideen und Farnen; die verschiedenen Arten werden vorgestellt und die Pflege beschrieben. Im zweiten Teil wird die Obstbaumzucht behandelt, darunter die Veredelung der Bäume. Der dritte Teil über den Weinbau enthält Kapitel über die Rebschulen, die Formen der Ziehung des Weinstocks, Unterhaltungsarbeiten in Weinbergen und die Bodenbearbeitung. Der Gemüsebau folgt im nächsten Kapitel, darunter Ausführungen über "die Bedingungen für den erfolgreichen Gemüsebau", Lage, Wasser und Düngung, über die Arbeitskräfte, Wechselwirtschaft, Sortenwahl und das Saatgut; besonders wird die Tomatenkultur und der Anbau von Champignons, Gurken und Melonen ausgeführt. Der fünfte Abschnitt handelt von der Morphologie der Pflanzen, also den Blatt- und Blütenformen, teils mit recht hübschen kleinen Zeichnungen. Es folgt die Anatomie der Pflanzen, bis hin zur einzelnen Zelle (etwas größere Zeichnungen). Der achte Teil ist der Pomologie gewidmet und stellt die verschiedenen Obstsorten vor. Weiterhin folgen Lehrinhalte zur Systematik der Pflanzen, der Dendrologie sowie zu den Grundlagen der Chemie, der Physik und dem gärtnerischen Rechnen. Im folgenden Sommersemester sind die Dozenten angegeben. Hier sind wohl Vorlesungen besucht worden, während das erste Semester eher als Schulunterricht aufgebaut war, um die Grundlagen zu erlernen. Dementsprechend finden sich fast alle Zeichnungen in den Heften zum ersten Semester. Die Mitschriften sind hier mit etwas flüchtigerer Hand notiert. Vorlesungen hielten die Gartenbauinspektoren und -lehrer Fritz Saftenberg (Dendrologie), Arthur Stüting (Landschaftsgärtnerei, Blumen- und Rosenzucht), Willy Lange (Treibkulturen und Systematik) und A. Orthmann (Formobstbau, Obst- und Gemüseverwertung sowie Zoologie), weiterhin die Gartenbaulehrer Ebeling, Hokerth und Katzer über Organische Chemie, Düngerlehre, Bodenkunde, Physiologie und, am Schluss und ohne Dozentenangabe, zur Geschäftskunde. - In beiden Bänden finden sich in gewissen Abständen immer wieder am Rand kleine Kontrollstempel mit handschriftlich eingetragenem Datum. Das "Collegienheft" wurde somit von der Lehranstalt stetig kontrolliert. - Bedeutende Gesamtschau der Lehre an einer der wichtigsten Gartenbauschulen ihrer Zeit. - Mit einigen leeren Blättern zwischen den Kapiteln. Insgesamt nahezu fleckenfreies Exemplar in sehr guter Erhaltung


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