116199-01
Thiele, (Johannes).
Chemie der Benzolderivate nach Prof. Thiele. Deutsche Handschrift in schwarzer Tinte auf liniertem Schreibpapier.

(wohl Straßburg, Ca. 1910). - (21,5 x 17 cm). 342 S., 12 leere Bll. Mit zahlreichen Strukturformeln. Halbleinwandband der Zeit mit handschriftlichem Deckelschild: "J. Thiele".

Vorlesungsmitschrieb mit montiertem Briefausschnitt mit Thieles eigenhändigem Namenszug auf dem Vorsatz, ebenso wie auf dem Deckelschild. Der Mitschrieb stammt vermutlich aus der Straßburger Zeit des bedeutenden Chemikers Johannes Thiele (1865-1918), der dort von 1902-1917 organische Chemie lehrte. Das hier behandelte Thema gehörte zu seinen zentralen Forschungsgebieten. Es trägt sogar eine Reaktion seinen Namen, die Thiele-Winter-Reaktion. Die undatierte Vorlesung zeigt die damals bekannte Bandbreite der Benzol-Chemie und seiner vielfältigen Verbindungen auf. Behandelt werden die mögliche Bildung von homologen Reihen, Benzole mit ungesättigter Seitenkette, Halogen-Derivate, stickstoff- und schwefelhaltige Derivate, aromatische Diamine, Phenole, Di- und Trioxyderivate, fettaromatische Verbindungen, Aldehyde, die genetischen Beziehungen der Benzoesäurereihe, aromatische Säuren, Dicarbonsäuren des Benzols und Hydrobenzolderivate. Ihren Höhe- und Endpunkt findet die Vorlesung mit der ausführlichen Besprechung der mehrkernigen aromatischen sowie der polyzyklischen Kohlenwasserstoffe. Hier wird auch nochmals die Theorie von Kekulé und anderen diskutiert, unter anderem am Beispiel des Naphtalins und seiner Verbindungen. Kekulés Ringmodell wird von Thiele nicht nur bestätigt, es lasse sich ebenso auf alle "höheren Systeme" und ihre Eigenschaften und Reaktionen übertragen. Daher betrachtete Thiele das Benzol und seine Verbindungen nicht mehr als eine "besondere Klasse" (wie noch Kekulé). - Die vollständige Handschrift von einem Studenten namens Hermann Lander endet in diesem Sinne mit dem Satz: "So ist diese Erklärung zur Zeit die plausibelste, mit ihr verschwindet das Benzol mit seinen Derivaten aus der Chemie als besondere Klasse". - Auf Seite 6 findet sich der Hinweis auf die zweite Auflage von Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, Band 9, erschienen 1932. Dort ist der Steinkohlenteer wie in unserem Manuskript beschrieben. Dieser Verweis stammt allerdings von anderer Hand aus späterer Zeit. Von dieser wohl auch die Unterstreichungen mit Buntstift, die sich an vielen Stellen finden. - Einband leicht berieben, sonst gut erhalten.


550 €